Experten-Blog

Resilienzmanagement – integrieren statt auferlegen.

Brandon Sai und Thomas Knothe /

Thomas und mich verbindet fachlich nur wenig. Während Thomas im Prozessmanagement und in der Fabrikplanung beheimatet ist, fühle ich mich wohl im Bereich der datengetriebenen Produktionsoptimierung. Trotz der fachlichen Unterschiede sind wir uns einig: Für die Frage: „Wie kann die Resilienz als weitere Zieldimension in ein bestehendes Managementsystem integriert werden?“, muss eine Antwort gefunden werden. Mein Name ist Brandon Sai und gemeinsam mit Thomas Knothe leite ich Thema der „Resilienzmanagement und –strategien“ innerhalb des Innovationsprogramms „Resiliente Wertschöpfungssysteme“.

© Lina Holz

Thomas ist Professor und seit über zehn Jahren Leiter der Abteilung „Prozessmanagement und Fabrikplanung“ am Fraunhofer Institut für Produktionsanlage und Konstruktionstechnik (IPK). Schnell konnte ich Thomas Kompetenzen und vor allem seinen Erfahrungsschatz erleben. Der größte Trumpf ist allerdings sein Vernetzungsgrad; nicht nur zu institutseigenen Aktivitäten, sondern von Aktivitäten der Fraunhofer Gesellschaft bis hin zu allgemeinen Forschungsaktivitäten konnte er mir bislang immer eine Ansprechperson nennen. Im Gegensatz dazu bin ich noch auf einer Art Entdeckungsreise in der Welt der Forschung. Vor zweieinhalb Jahren habe ich als wissenschaftlicher Mitarbeit und Doktorand beim Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) angefangen. Bereits im Programm der „Young Research Class“ hatte ich die Möglichkeit, in einem Projekt über anderthalb Jahre institutsübergreifend zusammenzuarbeiten, doch meine ersten Schritte im Fraunhofer-Verbund „Produktion“ erfolgen im Innovationsprogramm „Resiliente Wertschöpfungssysteme“ kurz: ReSyst.

Der Ursprung unserer Zusammenarbeit lässt sich auf eine Anfrage von Thomas im April dieses Jahres zurückführen. Es ging darum, inwiefern wir aus den Aktivitäten der Produktion auf die Liquidität des Unternehmens Einfluss nehmen können. Nach ein paar E-Mails und Video-Calls zur späten Stunde waren unsere gemeinsame Idee skizziert und die Rollen klar verteilt. Die Forschungsfrage: Wie kann die Zielgröße der Liquidität des Unternehmens als abhängige Variable in die Gestaltung eines Fertigungskonzeptes integriert werden? Einfach gesagt heißt das: Wie können Veränderungen im Angebot und in der Nachfrage in Produktion so berücksichtigt werden, dass die Liquidität des Unternehmens sichergestellt ist?

Während Thomas aus Unternehmenssicht die Idee weiterentwickelt, setzt ein weiterer Kollege, Timo Denner vom Fraunhofer IPA, den Fokus auf die Fertigungssysteme und ihre Gestaltung. Wichtig war uns vor allem, dass dieses Vorhaben keinen weiteren Aufwand für Unternehmen bzw. die Produktion darstellen soll. Es muss daher datengetrieben und automatisiert umgesetzt werden – deshalb bin ich dabei! Meine Aufgabe ist es, Informationsbedarf und -angebot zu vereinen. Beim Aufwand für Unternehmen sind wir auch schon beim Knackpunkt und der zentralen Frage unseres Themas: Wie kann die Resilienz in die Unternehmensstrategie eingebunden werden? Eine strategische Einbindung ist schön und gut, sie muss bekanntlich jedoch auch gelebt werden. Und das erarbeiten wir gemeinsam mit sieben weiteren Instituten im Thema 1, in unserem Thema.

In den ersten drei Monaten bestand die Herausforderung u.a. darin, nicht nur dieselbe Sprache zu sprechen, sondern auch ein einheitliches Verständnis für die Resilienz zu gewinnen. Seit sechs Monaten tauschen Thomas und ich uns nun schon sehr regelmäßig und intensiv aus. Dabei fällt mir immer wieder auf, wie unterschiedlich unsere Ausgangspositionen waren. Thomas ist hinsichtlich der Resilienz stark geprägt durch Anwendungen für Infrastrukturen im öffentlichen Raum. Folglich sind Polizei und die Bundeswehr Partner in seinen Projekten. Ich dagegen hatte das Thema der Resilienz mit der IT verbunden und hatte direkt den Anwendungsfall der Verteilten Systeme im Kopf. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wären Thomas und meine Arbeit thematisch sehr unterschiedlich. In Wahrheit weisen unsere Arbeitsfelder jedoch große Schnittmengen auf und schaffen die Basis für eine Zusammenarbeit: Beide Anwendungsfelder sind infrastrukturelle Themen und müssen die Balance zwischen Effizienz und Redundanz finden. Dazu kommt eine weitere Gemeinsamkeit: Sowohl Thomas als auch ich haben Resilienz direkt mit dem EMI (Ernst-Mach Institut bei Freiburg) verbunden und Verbindungen aufgebaut. In Zusammenarbeit mit dem EMI profitieren auch wir von der Pionier-Arbeit des Emi im Bereich der Resilienz.

Ich kann die zweite Hälfte des Projektes kaum erwarten, denn die ersten drei Monate haben mir eins verdeutlicht: Vertrauen ist Geschwindigkeit. Das Zeitfenster, von der Antragserstellung bis zum Projektabschluss, war und ist weiterhin sehr ambitioniert. Dass wir unseren ersten Meilenstein, das Strategiepapier, erreichen, liegt ausschließlich an der guten Zusammenarbeit. Ich sehe, wie die einzelnen Projekte sich zu einem gemeinsamen Bild entwickeln und freue mich auf unser Ergebnis: Ein wohldurchdachtes und strukturiertes Forschungsprogramm zu Resilienten Wertschöpfungssystemen.

Das Vertrauen, das diese Geschwindigkeit ermöglicht, entsteht aus der Transparenz und dem Zuspruch der Kompetenz. Anders gesagt:

Wenn Du über mein Vorhaben informiert bist und ich über deins, wenn wir beide uns einig sind, dass wir beide das können und dem anderen nicht in die Quere kommen – dann brauchen wir keine Kontroll- oder Sicherheitsmechanismen, die uns Zeit und Energie kosten.

Ihr Brandon Sai